Unser Beitrag zu den Zeitschriften „autismus“ & „mittendrin“

Unser Beitrag zu den Zeitschriften „autismus“ & „mittendrin“
15. November 2019 Publikationen hopefactory

Herausgeber:
Bundesverband Autismus Deutschland e.V. (Juni 2019)
Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V. (November 2019)

Nach Veröffentlichung des Lehrbuches „Sportlich bleiben! (Kampf-)Sport – unterschätzter Partner bei AD(H)S, Autismus, Lern- und Verhaltensschwierigkeiten“ wurde unsere Autorin Nicole Zieseniss um einen Fachbeitrag für das Magazin „autismus“ des Bundesverbandes Autismus Deutschland e. V. gebeten. In der Ausgabe von Juni 2019 erläutert sie über sechs Seiten, inwieweit sich Kampfsport positiv auf Kinder und Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum-Störung (ASS) auswirken kann. Dies gilt nicht nur für die Kampfkünste, sondern auch für alle anderen Sportarten mit ähnlichen Unterrichtskonzepten.

Ein Auszug aus unserem Beitrag für das Magazin „autismus“

Die Autismus-Spektrum-Störung unterscheidet sich von Patient zu Patient in ihren Ausprägungen und Schweregraden, damit variieren auch die Möglichkeiten des Kampfsports bei der Integration und Förderung autistischer Kinder. In der Regel lässt sich von einer eingeschränkten Wahrnehmungsverarbeitung ausgehen. Diese wirkt sich auf Interaktionen mit der Umwelt, auf das gesellschaftliche Zusammenleben, aber auch auf sprachliche, motorische, emotionale, kognitive und interaktionale Funktionen aus. Die Kommunikation ist eingeschränkt, das Sozialleben beeinträchtigt. Autistischen Menschen fehlt schlichtweg die Fähigkeit, emotionale und soziale Signale auszusenden bzw. zu verstehen. Die Betroffenen zeichnen sich durch stereotype Verhaltensweisen und einseitige Interessen aus. Veränderungen machen oft Angst. Darüber hinaus kann der Autismus mit weiteren Krankheitsbildern einhergehen, z. B. geistige Behinderungen oder Anfallsleiden, dem Tourette-Syndrom, Psychosen, Phobien, Zwangsstörungen, Depressionen, Ess- oder Schlafstörungen etc.

Je nach Art der Autismus-Spektrum-Störung und Ausprägung der Symptome ist der künftige Sportschüler individuell zu fördern. Unbedingt zu berücksichtigen sind dessen Fähigkeiten in der Wahrnehmung, Kommunikation und Interaktion. Auch typische Verhaltensweisen und die Lernbegeisterung des jeweiligen Kindes spielen eine große Rolle für die erfolgreiche Teilnahme im Kampfkunstunterricht.  Dabei sollte allerdings immer klar sein: Auch die Kampfkunst kann die Ursachen einer Autismus-Spektrum-Störung nicht therapieren, sondern ausschließlich symptomorientiert wirken. Die Entwicklungsstörungen bzw. -verzögerungen von Funktionen, die eng mit der biologischen Reifung des Zentralnervensystems verbunden sind, können nicht geheilt werden. Dennoch lassen sich die Störungen bei adäquater Förderung und mit dem Heranwachsen der Kinder abmildern. Problematisch wird es allerdings dann, wenn seitens des Kindes keine Neugier, kein Interesse an der neuen Beschäftigung besteht. Wenn es die Raumgrenzen – z. B. beim Übergang auf die Trainingsmatten – nicht überwindet oder wenn erschwerend auch eine Intelligenzminderung vorliegt.

Autisten sollten jedoch nicht generell aus dem Sport ausgeschlossen werden

Die Praxis hat längst bewiesen, dass sich auch Autisten in eine Gruppe integrieren lassen, sofern ihre besonderen und individuellen Bedürfnisse Berücksichtigung finden. Wichtig ist, dass sie nicht bedrängt oder auf andere Weise unter Druck gesetzt werden und jede Teilnahme freiwillig erfolgt. Wir empfehlen nicht nur einen, sondern  mehrere Probetermine. So lässt sich abklären, inwieweit das betroffene Kind willens und in der Lage ist, sich in die bestehende Gruppe zu integrieren – gegebenenfalls kann auch ein Einzeltraining vorangeschoben werden. Unabdingbar ist eine gute und dauerhafte Kooperation mit den Eltern bzw. Erziehungsberechtigten, aber auch die Chemie zwischen dem Trainer und dem Schüler muss stimmen, damit der Trainer im Laufe der Zeit an den Betroffenen „herankommt“. Konnte echtes Interesse beim autistischen Kind geweckt werden, so wird es in der Regel auch die Angst vor dem Neuen, dem Unbekannten – das kann schon die neue Kampfkunstuniform sein – überwinden.

Weitere Infos in unserem Buch „Sportlich bleiben!“

Sozialtraining

Sportlich bleiben! (Kampf-)Sport – unterschätzter Partner bei AD(H)S, Autismus, Lern- und Verhaltensschwierigkeiten

Autorin: Nicole Zieseniss
Academia Verlag, 2019
ISBN: 978-3896657428

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